Autor | Thema: Was hat das mit Kommunikation zu tun? |
Nicht gefunden! |
Beitrag vom 11-02-00 18:34
Hallo Herr Paul, ebenfalls hallo die übrigen Damen und Herren Kommunikationsgebildeten,
Ich hab da mal eine Frage. Draufgekommen bin ich gestern, also da saß ich in Linz im Kaffeehaus (ja, sowas ähnliches gibt's auch in Linz, nicht nur in Wien) und hab zugehört, wie sie am Nebentisch ganz arg begeistert waren, daß "die im Ausland" auf einmal alle Angst vor "Österreich" haben.
Da stellt sich mir als Deutsche, die in Österreich lebt die Frage (in Bayern dät ma sagen "da denkt's mir") - hab ich da was falsch verstanden? Und was hat die derzeitige politische Situation in Österreich mit Kommunikation (oder Zusammenbruch derselben) zu tun? Oder ist das jetzt zu pfui-bäh-politisch für dieses Forum ;-)
|
| Antworten |
Claus Fesel |
Beitrag vom 11-02-00 19:26
Hallo Eve - gerade noch gestern bin ich durch Österreich gefahren und habe mich nun gar nicht gefürchtet. Mag sein, weil ich als unerschrockener Hamburger schon lange im Stoiberland wohne und die poltischen Differenzen zwischen einem rechten Rand der CSU und einer FPÖ vernachlässsigenswert sind ;-)). Das schlimme ist aber das es wieder um die Verweigerung von Kommunikation geht, um das übereinander reden statt des miteinander und um die fehlende Courage für eine inhaltliche politische Auseinandersetzung. Wer sich nicht traut seine Ziele zu veröffentlichen, weil er meint damit anzuckene und nicht mehrmeitsfähig zu sein und Wischiwaschi des Begriffes Volkspartei seine Konturen verliert, der darf sich leider nicht wundern wenn solche Extrempositionen plötzlich Anerkennung finden.
Toti, toi toi weiterhin in Austria
|
Paul Baumann |
Beitrag vom 19-02-00 13:07
Hi Eve, Hi Claus!
Was hat nicht mit Kommunikation zu tun? Mein Namensvetter, der Herr Watzlawick aus Kärnten, hat einmal darauf hingewiesen, daß es unmöglich ist, nicht zu kommunizieren.
Es gibt natürlich sinnvollere und weniger sinnvolle Arten, miteinander zu kommunizieren. Das Spiel, das da derzeit in der Politik läuft und vor allem auch in der Berichterstattung der Medien, errinnert mich ziemlich an die Art der Kommunikation, die krank machen kann (siehe z. B. "Schizophrenie und Familie", Gregory Bateson & al. 1984, Suhrkamp), ein absichtliches Aneinander-Vorbeireden, ein Dem-Anderen-das-Wort-im-Mund-umdrehen, grauslich!
Ich hoffe mal, daß sich das ändern wird, und zwar bald. Mir ist gerade ein alter amerikanischer Schlager eingefallen, das Lied vom "Smack Water Jack", und da heißt es im Refrain:
"You can't talk to a man with a shotgun in his hand..."
wobei natürlich eine Waffe in der Hand auch eine ziemlich klare kommunikative Aussage ist.
In Wien ist heute eine große Demo gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit und gegen diejenigen Elemente in der österreichischen Politik, die im Lande und auch international mit diesen Schlagworten identifiziert werden, eine Viertelmillion Menschen werden erwartet. Es regnet ziemlich, ich werde trotzdem mitgehen, auch das ist Kommunikation für mich, einen Standpunkt beziehen und das durch körperliche Anwesenheit dokumentieren. Und Wasser von oben wirkt bekanntlich dämpfend auf das Gemüt, und vielleicht können die Wasserwerfer abgedreht bleiben. Ich hoffe jedenfalls, daß ich meine Brillen auch morgen noch verwenden kann...
Und wenn die Kommunikation mittels geworfener Steine ausgetragen wird (ich hab, damals noch jung und dumm, beim Ostermarsch 1970 auch Steine gegen die Fenster der AMEX-Bank geworfen, es ging gegen die amerikanische Vietnampolitik), nützt es den Glaserern und ärgert die Versicherungen - und diese beiden Gruppen haben nun einmal gar nix mit dem Anliegen der Demonstranten zu tun...
Hoffentlich bleiben die virtuellen Fensterscheiben meines virtuellen Kaffeehauses ganz, und die realen Köpfe der realen Demonstranten und der realen Polizisten auch!
Paul Baumann der als Virtueller Kaffeesieder natürlich auch ein virtueller Kommunikationsexperte ist :-)))
|
Nicht gefunden! |
Beitrag vom 20-02-00 19:15
Hallo Paul,
wie war's?
Und weil Du von sinnvoller und weniger sinnvoller Kommunikation gesprochen hast:
Unsere Sprache und auch unsere Wahrnehmungsstruktur sind hervorragend geeignet um Kommunikation als Machtinstrument gezielt einzusetzen. Hier hilft meiner Meinung nach nur eine Ethik-Diskussion weiter. Aber dazu hätte ich gern einen besseren öffentlichen Kenntnisstand. Weil "sowas sagt man nicht" ist für mich als Diskussions und vor allem Erkenntnis-Grundlage zu wenig.
was gibt es in unserer Gesellschaft denn so an Ethik-Regeln für Kommunikation? Einige der Höflichkeitsregeln sind wohl Regeln wie Kommunikation zu gestalten sei: Leute ausreden lassen.., sowas sagt man nicht mal im Spaß, .... Die Regeln der political correctness werden von einigen wohl auch noch geteilt.
Von einigen aber wird Wortwahl, Themenwahl und Art und Weise der Kommunikation ganz gezielt und macchivellistisch als Machtinstrument eingesetzt (ne Knarre ist mir lieber). Dagegen hilft m.E.(IMHO?) nur, daß man merkt was passiert, und daß einem Reaktionsmöglichkeiten (außer sprachlosem Entsetzen) zur Verfügung stehen.
Mit etwas sprachlosen Grüßen, Eve |
oskopia |
Beitrag vom 24-02-00 13:00
Liebe Eve
Das mit der Ethik in der Kommunikation kann ja nur auf freiwilliger Vereinbarung aller Teilnehmer beruhen, oder doch wenigstens einer so großen Masse aller Teilnehmer, daß die 'unethischen' keine kritischen Masse bilden können. Zu dem Thema hat Anita und wahrscheinlich alle Mediatoren einiges an theoretischem Wissen beizutragen.
Übrigens, was mir an nlp als zweites so gut gefallen hat, war die völlig unethische Idee der Freiheit. Auch (vor allem?) in der Kommunikation.
|
oskopia |
Beitrag vom 25-02-00 17:08
Willkommen am Stammtisch und am Nebentisch (von dort seh ich doch so manches Ohr nahezu auf unserm Tisch liegen)
Paul, Eve and me. Da redn mer doch mal. Überd Politik. Derfn mer doch, san eh oils blos menschn.
Weil, ich hatte gestern abend nämlich eine Idee. Eigentlich wollte ich sie in real im Wirtshaus verzähln, doch mein Realwirtshaus ist nicht in Österreich sondern wo, wo der Haider keinen so interessiert. Mich ja auch nicht. Mir ist es eigentlich wurscht, ... . Das ist eben das Problem mit dem Realwirtshaus und dem Virtuellen Cafehaus. Was ich sag, das hörn die Leut und sie kennen mich und sie sehn mich dazu und sie sagen innerlich (und nach 3 Bier auch laut), 'ach, die Moni' und dann vergessen sie's, aber mich nicht. Noch dazu, wenn ich's am Stammtisch sag. Mei, da gült die Freiheit des Wortes. Jeder darf alles sagen und keiner trägt den Unsinn heim. Aber wenn ich jetzt was schreib, was vielleicht was dummes ist, dann steht das hier, obwohl ich mich vielleicht schon verändert hab, und noch was dümmeres mein, monatelang.
Aber ich muss es einfach loswerden. Ich kann's ja nicht beurteilen, denn ich bin grad ganz nüchtern, doch wenn's denn vielleicht genial wäre. Und ich würde es euch vorenthalten. Und es wäre die Rettung für Österreich gewesen. Oder noch schlimmer: In einer Woche sagt es ein anderer. Ein SPD-Politiker. Der zementiert damit seinen Ruf. Und dabei war es doch meine Idee gewesen, ganz zuerst meine.
Der Haider, wie fast gesagt, es interessiert mich überhaupt nicht, auf welche Art und in welchem Grad die Politik ein Beschiß ist. Und ich glaub ja eher daran, daß man die politische Landschaft durch Beten verändern kann als durch Demonstrieren. Daß das Demonstrieren natürlich mehr Spaß macht, und für die Gesundheit einiges gibt und die Kommunikation und man hat halt was für die Zukunft getan. Wenn die Zukunft jetzt nicht pariert, man war dabei. Igitt, ich glaub ich bin blos aus Neid so bös, weil ich nicht dabei war. Nun aber zu meiner Idee:
Ich habe von intelligenten, hochgebildeten Leuten gehört, daß der Haider nicht aus inhaltlichen Gründen gewählt wird, sondern weil er ein Meister in der Beeinflußung der Volksmeinung zum passendem Zeitpunkt und der Nutzung der Medien zu diesem Zwecke ist. Ich schau ja kein Fern. (Da krieg ich dann FernWeh, OWeh.) Da hatte ich so mein eigenes Bild von dem Bösewicht: 55, mitteldick, feiste Backen, mittelblond, mit sichtbarem Haarverlust, Glupschaugen, und der Mund war auch daneben. Hab ich jetzt kein Wort für - irgendwie so, als hätte man ihm für den Auftritt das Sabbern abgewöhnt. Irgendwann packte mich doch die Neugierde auf Demagogie in Aktion und ich habe mir ein im Internet konserviertes Fernsehinterview angesehen. Mein großes Erstaunen: Der Typ sieht gut aus. (NEIN, bitte nicht, ... ok ) Ich nivelliere: Er sieht eben aus. (Mein zweites Erstaunen übrigens waren einige verächtliche Mundstellungen, die mir aber wohl nur deswegen aufgefallen sind, weil die Übertragung sehr langsam war.)
Ja, und dann habe ich mal von einer Mediatorin gelernt, die die Ebenen der Auseinandersetzung/Kommunikation aufführte - die waren hierarchisch angeordnet. Und die sagte allerdings, wenn man sich mit einem inhaltlich unterhalten will und der will zwei level drunter kommunizieren und kommt mit der Keule, dann mußte auch ein Level runtergehen und rennen oder zwei und deine Keule rausholen. Und scheinbar ist mit dem Haider nicht zu reden, weil er das mittlere Niveau der öffentlichen Meinung noch unterschreitet. Und wenn man jetzt _noch_ ein Level drunter geht? (Zur Rettung Österreichs könnte man das Opfer doch bringen?)
Nämlich: Eine bekannte und beliebte Person der öffentlichen Meinung, einE SkispringerIn, einE NachrichtensprechrIn, ein PopStar (ungeschlechtlich - interessant), einE SchauspielerIn, OpernsängerIn, ... outet sich und bekennt in den Massenprintmedien, sie hätte Haider gewählt, weil er so gut aussieht. Und gute drei Tage später wird er bei einem öffentlichen Auftritt von einer Horde verzückt kreischender Kids verehrt. Ein Hausfrauenclub organisiert österreichweit einen Fanclub. Ein Mantaverrein unterstreicht, daß jemand mit so einer guten Figur auch ein guter Mensch sein muß. Und und und ...
Ist das nicht genial? Das meinte ich mit der unethischen Freiheit der Kommunikation. Alle paar Jahre mache ich einen Vorstoß in die Richtung. Aber ich habe noch nie, niemals daraufhin Feedback bekommen. Mag sein, daß es schon allgemein angewandt wird, und ich habe es nur noch nie gemerkt. Oder es ist einfach um ein gutes Jahrhundert den menschlichen Möglichkeiten meiner Zeit vorraus. Oder, am wahrscheinlichsten, denken die Leute, wenn man auf jede Dummheit reagieren würde ... das wär ein Spaß - und wer kann schon soviel Spaß vertragen.
Ötz därfts Ir a amoil wos sogn.
|
Paul Baumann |
Beitrag vom 29-02-00 08:31
Küß Die Hand, Frau Monika!
Das mit dem "sich outen" war gut gesagt. Wenn man mit den Leuten redet - genau gesagt, wenn ich mit den Leuten rede, die halt so reden mit mir, dann frag ich mich immer wieder, wer hat diesen Mann gewählt?
Vor den Wahlen hab ich mit dem Herrn Mustafa gesprochen. Der Herr Mustafa ist Schuhmacher, davon gibt's jetzt auch schon wenig in Wien, er ist vielleicht 55 Jahre alt, sein Schnurrbart ist schon grau, die Haare auch, und er kommt manchmal am Abend zu uns. Der Herr Mustafa ist mit allen Leuten per du, weil auch alle Leute per du sind mit ihm. Ich hab mich zu ihm gesetzt, wir haben so über die Wahlen gesprochen, hat er gesagt: "Also, wenn ich wählen dürfte - darf ich ja nicht, aber wenn ich dürfte, ich tät' den Haider wählen, das schwör ich dir bei Allah, Paul!" Ich war ein bisserl sprachlos, dann sagte ich: "Mustafa, Du bist Türke, und der Haider ist gegen die Ausländer." _ "I waaß', aber er hat recht, man derf nicht so viel Ausländer reinlassen nach Esterreich. Bin ich jetzt finfazwanzig Jahr' da, und bin ich nix haaß d'rauf, daß da so ein junger Tirk kummt und mir mei Arbeit wegnimmt!"
Der Herr Professor, kennen`s ihn vielleicht eh, der Meinungsforscher, der wird vor den Wahlen manchmal pflanzt von den anderen Gästen, sagt, es ist in Österreich keine seriöse Wahlprognose aufgrund der Meinungsforschung mehr möglich, sei der Haider in der Politik ist. Die Leute, die ihn wählen, geben's nicht zu, daß sie ihn wählen werden, wenn man sie fragt. Unlängst, nach drei Vierterln hat er sogar einmal gesagt, Haider wählen ist wie onanieren. Die, die's tun, reden nicht drüber, und wenn man sie fragt, streiten sie's ab. Aber, wie gesagt, das war nach drei Viertern Rot...
Übrigens, letzte Nacht ist der Herr Haider als Vorsitzender seiner Partei zurückgetreten. Was macht eigentlich ein zurückgetretener Vorsitzender? Muß er jetzt die ganze Zeit stehen?
Frau Monika, ich muß was arbeiten, aber ich schau heute noch in der Kärntner Straße vorbei, beim Bündnisbüro der Freiheitlichen. Ich hab so die Phantasie, da sitzen weinende Mädchen mit zerrauften Haaren auf der Straße und schreien: "Jörgele, das kannst' uns do nit antun! Bitte verlaß uns nit!"
Ich wünsch' Ihnen und allen, die mitgelesen haben, einen wunderschönen Tag!
Ihr Kaffeesieder Paul |
oskopia |
Beitrag vom 29-02-00 23:57
Grüß Dich, Paul
Ich mag nicht 'Sie' sagen zu Menschen, zu denen ich schon mal 'Du' gesagt habe, bloß weil sie jetzt eine ehrwürdige Rolle, zum Beispiel als Kaffeesieder, spielen. Ich glaube ganz fest daran, daß Du das verstehst. Drum erlaube ich mir diesen Wechsel.
Ich muß mich, um meine folgende Frage zu erklären, echt öffentlich outen. Also: Ich seh kein Fern, wie gesagt, aber noch schlimmer, ich les auch keine Zeitung. Buh!
Als ich noch jung war und kurz vorm Schulabschluss, sprach ich also zu einer Klassenkameradin: "Ich interessiere mich nicht für Politik". Wie das Schicksal so spielt, war diese Mitglied der SDAJ und sprach also: "Die Politik wird sich schon für dich interessieren." Das beeindruckte mich tief. Ich begann mich für Politik zu interessieren. Keinen NLPler wird das Ergebnis meines Interesses überraschen: Alle meine Vorurteile wurden bestätigt.
Paul, und alle Österreicher: Haider ist zurückgetreten? WIESO? Vorgeblicher und wirklicher Grund, bitte.
Danke im Vorraus für jede Antwort Monika |
Autor | Thema: Was hat das mit Kommunikation zu tun? |