Pressespiegel
--
Neuer Schwung
Von Maggie Riepl
Wer die Arbeit als unbefriedigend empfindet, kann in Seminaren lernen, Stärken zu erkennen, sich selbst zu motivieren und Kraft zu schöpfen.
Jede Arbeit wird irgendwann zur Routine, dann macht sie mal mehr, mal weniger Spaß. Und manchmal bleibt die Motivation gänzlich auf der Strecke. "Vor zwei Dingen muss man sich hüten: Unterforderung und Überforderung", schreibt Rolf Meier in seinem Buch "1 mal 1 der Selbstmotivation". Der finanzielle Anreiz reicht oft nicht als Motivation aus, auch kooperativer Führungsstil und ein gutes persönliches Umfeld allein motivieren nicht. Sie demotivieren nur, wenn sie fehlen, sagt Meier. Wer die Arbeit nur noch als unbefriedigend empfindet, sich jeden Tag aufs Neue zwingt nach dem Motto "da musst du durch" gerät über kurz oder lang in eine Negativspirale.
"Motivation" erklärt Meier, der als Trainer sowie Lehrbeauftragter an der Universität Köln arbeitet, beginnt im Kopf.", Seminare, die vom problemorientierten Denken zu Lösungen führen, können helfen, die eigenen Stärken sowie den Sinn der eigenen Arbeit zu erkennen und mehr aus sich herauszuholen. Nach Ansicht von Susanne Rausch, die als Vorstandvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung aktiv ist, sind solche Verantsaltungen sinnvoll für freie Mitarbeiter und Selbstständige, die keine feste Tagesstruktur haben. Arbeitnehmer in Bewerbungsprozessen brauchen ebenfalls Unterstützung, weil sie häufig Ablehnungen akzeptieren müssen. Und auch im Bereich Telefonmarketing, wo mit vielen Zurückweisungen zu rechnen ist, macht ein Motivationstraining Sinn. Ebenso für Führungskräfte: Sie sind dazu da, andere noch erfolgreicher zu machen, heißt es. Sie sollen also andere motivieren, dabei wird häufig vernachlässigt, dass sie sich auch selber motivieren müssen.
"Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Turbulenzen ist die innere Haltung, die Stärkung der eigenen Persönlichkeit von enormer Bedeutung", sagt Michael Vatter, der seit 14 Jahren als Motivationstrainer für Führungskräfte arbeitet. "Selbstmotivation ist immer dann wichtig, wenn das persönliche Energiekonto wieder aufgefüllt werden muss." Vatter bietet seine dreitägigen Seminare an ungewöhnlichen Orten an: im Karwendelgebirge auf über 2000 Meter Höhe, auf einem Schiff in Dänemark oder auch in Nepal. Fernab von Büro und Faxgerät fühlt man sich freier, kann sich besser öffnen, ist seine Erfahrung. Denn: Motivation hat auch mit Emotionalität zu tun. Schwierige Kandidaten sind für ihn die Perfektionisten und "kühle Denker" - Menschen die sehr introvertiert und sehr sachlich sind. In seinen Seminaren stellt er zunächst eine Leitfrage, die die Teilnehmer dazu bringt, über sich nachzudenken. Außerdem sollen sie herausfinden, was ihnen wichtig ist: "Ich sage, schreiben Sie auf, was Sie tun würden, wenn sie noch fünf Jahre zu leben hätten. Das kann man weiterspielen von einem Jahr bis zu einem Tag Lebenszeit. Dann muss man überlegen, was man von diesen Dingen in seinen Arbeitsalltag integrieren kann."
Die eigene Werteorientierung zu erkennen ist auch das Hauptziel der Seminare von Wolfgang und Wiltraud Natzke von Job Perform. "Die Fragen heißen: Wie definiere ich mich abseits gängiger Wertungen, was ist mir persönlich wichtig", sagt Wiltrud Natzke. Das Konzept will vor allem an persönlichen Stärken ansetzen, nicht an Schwächen. Das Trainerpaar Natzke bevorzugt Einzeltraining und Kleingruppen. Ihre Erfahrung: Viele haben Angst, sich in größeren Gruppen transparent zu machen. Über einen Fragebogen werden Werte ermittelt und in ihrer Rangfolge festgelegt. Das macht deutlich, wo Werte miteinander kollidieren und man sich daher bei Entscheidungen immer wieder im Wege steht. "Das ist oft eine brutale Erkenntnis", so Wolfgang Natzke, "denn niemanden betrügt man so gerne wie sich selbst."
Den inneren Schweinehund kann man nicht bekämpfen. Man zieht sowieso den Kürzeren, behauptet Evelyn Lethaus, Trainerin und Coach in Düsseldorf. Ihre Seminare zielen vielmehr darauf, das Haustier in uns zu zähmen. Dazu gehört zunächst, dass man seine Sichtweise ändert und fragt "Warum blockiert mein Inneres, was will es mir damit sagen?" Ein typisches Beispiel, warum Dinge nicht klappen, erläutert sie Seminarteilnehmern mit einem Spiel. Auf einer leeren Weinflasche liegt ein Tischtennisball. Die Teilnehmer sollen mit gestrecktem Arm hinlaufen und den Ball mit dem Finger wegschnippen. Das funktioniert fast nie, weil der innere Kritiker gegensteuert, Bedenken anmeldet: Was ist, wenn die Flasche umfällt? Wenn man sich hingegen ein klares Ziel vornimmt, "ich schnippe jetzt den Ball weg" klappt es. Eine Zielorientierung ist also hilfreich. Viele Menschen trauen sich gar nicht erst, sich Ziele zu setzen, Visionen zu haben. "Ich frage, wovon träumen Sie, um anschließend die Träume in machbare Ziele aufzuschlüsseln", erklärt Lethaus.
Um den Schweinehund als Synonym für innere Widerstände geht es auch in den Seminaren von Resource People. "Wenn man sich selber immer wieder ein Bein stellt, schenkt man dem inneren Schweinehund nicht genug Beachtung, schließlich wollen alle Bedürfnisse zu ihrem Recht kommen", sagt Anja Beck-Volpp. Beispiel: Wer zweimal die Woche zum Sport will und doch auf der Couch hängen bleibt, hat einen Grund. Möglicherweise ist er gestresst und braucht eigentlich Ruhe. Daher einen Kompromiss aushandeln. Dann ist man auch motiviert, weil alle Bedürfnisse befriedigt werden."
Verschiedene Methoden aus Mediation, Neurolinguistische Programmierung (kurz NLP) , Konfliktmanagement und Rhetorik werden in Selbsterfahrungs- und Gruppenarbeit angewandt. Anja Beck-Volpp sieht ihre Arbeit ein Stück weit als Hilfe zur Selbsthilfe der Teilnehmer. "Jeder Mensch hat Ressourcen in sich, die wollen wir stärken. Die Frage, wie motiviert man ist, hängt auch immer davon ab, wie attraktiv ein Ziel ist", erklärt sie. Ihre Erfahrung: Wer sich Lebensziele setzt, sollte sie so formulieren, dass sie auch erreichbar sind. Sinnvoll ist es, Zwischenziele zu setzen. "Die Selbstmotivation ist immer Arbeit mit sich selbst und das ist durchaus anstrengend."
Schwerpunktmäßig an Führungskräfte aus allen Branchen wenden sich die offenen Motivationsseminare vom Management Institut Dr. A. Kitzmann. "Gerade für Erfolgsmenschen geht es darum, die eigene Dynamik aufrechtzuerhalten, indem man sich selber reflektiert, die eigenen Werte erkennt und Distanz zu seinem Tun bekommt", erklärt Arnold Kitzmann. Stark vertreten ist die Gruppe der aufstiegsorientierten 30 bis 40-Jährigen, die ihre Karriere meist unter großen Belastungen und Druck vorantreiben. Wichtig ist Kitzmann eine offene authentische Atmosphäre. "Gerade Manager spielen im Beruf eine bestimmte Rolle, hier müssen sie ehrlich sich selbst gegenüber sein", sagt Diplom-Psychologe Kitzmann.
Als wichtige Motivations-Hilfe wird die Visualisierung gesehen. Kitzmann: "Mit der Visualisierungstechnik kann man allein durch die Vorstellung eine Höchstleistung vorbereiten. Das wird im Spitzensport praktiziert und funktioniert genauso im Beruf." Hilfreich seien auch "als ob"-Strategien, wie zahlreiche Schauspieler sie für ihr Rollenstudium nutzen. "Gedanken haben die Tendenz sich zu verwirklichen. Wer sich positiv polt, nutzt damit das Unterbewusste, programmiert negative Blockaden um."
Höchstleistungen kann man auch durch das Flowkonzept erreichen. Geprägt wurde dieser Begriff von dem inzwischen emeritierten Professor für Psychologie an der University of Chicago, Mihaly Csikszentmihalyi. Flow ist eine Befriedigung, ein Glücksgefühl, ein Kick, bei dem man ganz in der Sache aufgeht. "Wenn man Leidenschaft, Emotionen und Engagement gepaart mit Können in seine Arbeit gibt, stellt sich häufig ein Flow-Erlebnis ein", sagt Gerhard Huhn, Managementtrainer bei der Emergence GmbH, der das Flow-Erleben als Schlüssel für Lernen, Wachstum und Motivation sieht. "Wenn das, was wir tun, stimmig ist, fühlen wie uns leicht, als würden wir schweben", erläutert Huhn. Diese Feinwahrnehmung soll wieder geschult werden. In den offenen Workshops arbeite man überwiegend für sich. Wichtig sei, dass man seine Stärken betont und ausbaut. Die Teilnehmer sollen sich über ihr Wertesystem bewusst, werden, denn "aus Werten resultieren Wünsche, daraus kann man Ziele realisieren und das wiederum sind die Herausforderungen, die uns motivieren", sagt Huhn. Es geht darum, die Balance zu finden zwischen Herausforderungen, die das Leben stellt und den eigenen Fähigkeiten, denn Überforderung sorgt für Stress, Unterforderung für Langeweile. Motivierend ist weder das eine, noch das andere.
Quelle: Die Welt, 23. Februar 2008.