Pressespiegel
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Karriere-Serie über Schlüsselthemen in der Weiterbildung
(Folge8): Führungsverhalten. Von Thomas Hartge.
Ein guter Chef fordert und fördert zugleich. Teamfähigkeit ist eine Herausforderung, der sich auch Teamleiter stellen müssen. Das nötige Rüstzeug
bekommen sie in Seminaren zum Führungsverhalten. Sie sollen Durchsetzungsvermögen und Teamfähigkeit beweisen, durch persönliche Autorität überzeugen, in allen Lebenslagen souverän agieren und Mitarbeiter so motivieren, daß diese aus eigenem Antrieb handeln... Der Anforderungskatalog an den idealen Vorgesetzten ließe sich mühelos um unternehmens- und
branchenspezifische Merkmale ergänzen. Kein Wunder, daß derart hochgesteckte Erwartungen zum Widerspruch einladen.
Eine "fast mystische Bedeutung" habe der Begriff der Führung erhalten, wundert sich Dr. Rainer Brorsen von der Lufthansa Consulting in Köln. In kaum einem anderen Konzept klinge "gleichviel Diffuses" an oder werde gar mißbräuchlich hineininterpretiert. Mit einem Grundlagenseminar will Brorsen deshalb Verständnis für konkurrierende Führungstheorien, -stile und -mittel schaffen. Weil Wissen und Können zweierlei sind, empfiehlt Brorsen neben
dem kognitiven Zugang als Ergänzung einen Intensivworkshop, der mit einer persönlichen Führungsstilanalyse beginnt und Teilnehmer mit konkreten Transferhilfen für die Praxis entläßt. Beides zusammen -sozialpsychologische und sozialwissenschaftliche Grundlagen der
Führung und individuelles Verhaltenstraining- stehen seit gut zwei
Jahrzehnten für das klassische Fuehrungskräftetraining.
Auch heute noch trainieren angehende Vorgesetzte die Spielregeln der
Delegation, Motivation, Kritik und Mitarbeiterbeurteilung in einer
Kombination aus wissensmäßigem Zugang und praktischem Training
in Szenarien und Rollenspielen. Die meisten Seminarveranstalter
besitzen feine Antennen und wissen Tradition und Moderne geschickt
zu verbinden.
Dem Beratungs- und Trainingsinstitut Voss+Partner in Rellingen bei
Hamburg gelingt zum Beispiel das Kunststück, ein Seminar mit dem
klassischen Titel "Effektive Menschenführung" unter der Rubrik
"Coaching" zu offerieren. Die Beschreibung der Seminarinhalte könnte
Kader der alten Schule an postmoderne Beliebigkeit denken lassen:
"Sie sind in der Lage, eigene Wünsche spannungsfrei zu formulieren
und in kritischen Gesprächen den Dialog aufrechtzuerhalten",
verspricht Voss+Partner seiner Zielgruppe.
Trainings für mehr Führungsqualität schließen Selbst- und
Konfliktmanagement ein, ebenso Gesprächsverhalten in
Führungssituationen und die Kernfunktionen Fordern und Fördern.
Besonderer Beliebtheit erfreuen sich seit gut einem Jahr Seminare zur
Führung von Teams, und das sogar im Umfeld der Banken, wie Ingo
Petersen als Geschäftsführer der WestLB Akademie Schloß
Krickenbeck beobachtet.
Doch an erster Stelle von sieben Führungsseminaren steht bei der
WestLB Akademie eine Veranstaltung mit dem programmatischen
Titel "Leistungsorientiert führen - Produktivität steigern". Auch wenn
die Veranstaltung zum Teamtraining an letzter Stelle folgt, zweifelt
Petersen nicht an dessen Bedeutung: "Die reinen Machertypen sind
nicht mehr so gefragt; statt dessen wird von Vorgesetzten eine
Vielzahl von Fähigkeiten verlangt, die Teams vorwärtsbringen
können."
Auch die Entwicklung von Führungsgrundsätzen oder -leitlinien ist
nichts, was Vorgesetzte ohne Abstimmung mit ihren Mitarbeitern
erfolgreich auf den Weg bringen könnten. Bei den zahlreichen
firmeninternen Trainings fällt Trainern deshalb die Rolle von
Moderatoren zu, die vor dem eigentlichen Training erst einmal im
Dialog mit ihrer Klientel Leitlinien für Führungsverhalten und -kultur
erarbeiten müssen.
Vor allem der Managementnachwuchs hält die vermeintlich weichen
Faktoren Motivation oder Delegation für wichtig, vermeldet die Bad
Harzburger Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft. Unter
Personalentwicklern und Trainern gilt als offenes Geheimnis, daß
Führungskräfte mit zunehmendem Alter nur noch schwer für
verhaltensbezogene Trainings zu gewinnen sind. Taktvoll formuliert
dies Wolfgang Braun von der WBT Praktiker Training in Gruendau,
der glaubt, daß "die positive Beeinflußbarkeit bei jungen
Führungskräften am größten" sei. Diese könnten noch am besten von
Verhaltenstrainings profitieren, argumentiert Braun, vorausgesetzt, sie
kommen früh genug in den Genuß entsprechender Veranstaltungen.
Doch gerade das ist nicht immer der Fall. Vor allem dann, wenn
Nachwuchskräfte aus dem Kreis ihrer Kollegen aufsteigen und
Personalverantwortung übernehmen, finden sich frischgebackene
Chefs in einem irritierenden Handlungsfeld wieder. "Der Umgang mit
den ehemaligen Kollegen verändert sich und es entstehen Probleme
der Nähe und Distanz", registriert Dagmar Kohlmann-Scheerer,
Referentin an der Management Akademie München. In ihrem
Seminar "Gestern Kollege - heute Vorgesetzter" bereitet sie deshalb
angehende Vorgesetzte auf Prinzipien situativer Führung, einen
angemessenen Umgang mit Kritik oder Konflikten vor.
Wie in anderen Bereichen der Weiterbildung haben längst auch im
Führungstraining schillernde Methoden Einzug gehalten. Mit Hilfe des
Neurolinguistischen Programmierens (NLP) will die B+B
Unternehmensberatung in Bad Duerkheim auf besseres
Führungsverhalten vorbereiten. Die Frage, ob das ursprünglich
therapeutische Instrumentarium des NLP in Führungsbeziehungen die
Versuchung zur sanften Manipulation berge, beantwortet Dr.
Burkhard Kemmann, Geschäftsführer der B+B
Unternehmensberatung, kurz und bündig: "Was im Leben ist keine
Manipulation?" Im NLP-Instrumentarium sieht Kemmann eine
Chance, daß Vorgesetzte ihr eigenes Verhalten in ihrer Wirkung auf
andere besser verstehen lernen.
- Management Akademie München, 80333 München,
089/29002636
- Lufthansa Consulting GmbH, 50679 Köln, 0221/8899-666
- B+B Unternehmensberatung GmbH, 67098 Bad Duerkheim,
06322/68068
- WestLB Akademie Schloß Krickenbeck, 41334 Nettetal,
02153/917-0
- Voss + Partner, 25462 Rellingen, 04101/38440
- Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft GmbH, 38653 Bad Harzburg,
05322/730
- NETG Applied Learning GmbH, 47877 Willich, 02154/929-3
Quelle: Handelsblatt Karriere, 19.01.96.