Pressespiegel
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Unsinn mit Unsinn kurieren
Richard Bandler gilt zusammen mit John Grinder als Begründer des NLP. Obwohl der Amerikaner NLP in seinem Land unter anderen Bedingungen ausübt, gilt er auch vielen deutschsprachigen NLP'lern als Vordenker. Der NLP-Spezialist Ronnie Amsler hat den Kalifornier in London getroffen und viele Stunden seinen Geschichten gelauscht. Ein Auszug* aus dem Gespräch für managerSeminare.
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Was hat sich für Sie persönlich geändert, seit es NLP in Ihrem Leben gibt?
Richard Bandler: Egal, wohin ich reise, die Leute wissen bereits, wer ich bin. Um ehrlich zu sein, ich finde es bezaubernd, so berühmt zu sein. Kürzlich sitze ich in einer Bar in Santa Cruz und komme mit einem Studenten ins Gespräch, der in ein Philosophiebuch vertieft ist. Ich erzähle ihm, daß ich einst den gleichen Philosophiekurs besucht habe. Auf meine Frage, ob er Plato studiere, entgegnet er: Nein, ich lese im Moment das Kapitel über Korzybski, Bateson und Bandler.
In welche Richtung entwickelt sich Ihrer Ansicht nach NLP?
Richard Bandler: Wir bringen ständig neue Dinge hervor. In vergangener Zeit habe ich mich intensiv mit dem Thema Angst beschäftigt. Mir ist klar geworden, daß ich tiefgreifende Veränderungen bewirken kann, wenn ich gleich zu Beginn eines Workshops Angst aus dem Weg räumen kann. Dazu haben wir einige neue Techniken entwickelt.
Meine Kurse werden immer kürzer. Das ärgert viele Leute. Aber viele Trainer unterrichten nicht durch Installation. Und wenn man als Trainer nicht die richtigen Lernstrategien installiert, können die Teilnehmer auch nicht schnell lernen. Dann dauert es eine Ewigkeit, NLP zu erklären und für die Teilnehmer ist es mühsam, es zu lernen. So passiert es dann, daß jemand aus so einem NLP-Kurs kommt, und wenn er hört: "lch bin deprimiert", fragt: "Worüber bist du deprimiert?" Aber das ist die falsche Frage. Mich interessiert nicht, worüber jemand deprimiert ist, mich interessiert nicht, wie er es macht, deprimiert zu sein. Ich will wissen, wie sich jemand bewußt ist, daß er deprimiert ist, und diesen Prozeß will ich verändern.
Womit beschäftigen Sie sich zur Zeit?
Richard Bandler: Ich habe herausgefunden, daß es nicht genügt, den Teilnehmern beizubringen, wie sie etwas besser machen können. Vielmehr muß ich ihnen beibringen, wie sie gute Entscheidungen treffen können. Beispiel: Wenn eine Beziehung zwischen zwei Menschen kaputtgeht, dann sind die Leute niedergeschlagen. Trotzdem fragen sie sich: Mit wem kann ich jetzt zusammensein? Angetrieben von ihrem schlechten Gemütszustand werden sie dann eine falsche Entscheidung treffen. Deshalb ist es wichtig, erst innezuhalten, sich selber zunächst in einen guten Zustand zu bringen, bevor man irgendeine Entscheidung trifft. Das ist sicher viel effizienter, als in der Kindheit herumzuwühlen, um herauszufinden, wie man als Erwachsener glücklich sein kann. Ich zum Beispiel hatte eine lausige Kindheit, aber ich denke einfach nicht viel darüber nach, denn ich habe ein wundervolles Leben als Erwachsener. Der Dalai Lama sagte treffend: "Manchmal geschehen schlimme Dinge, schenk ihnen einfach keine Aufmerksamkeit."
Was ist das wichtigste, was Teilnehmer in einem guten NLP-Seminar lernen können?
Richard Bandler: Das Stärkste am NLP ist eine geistige Haltung, die sagt, daß alles besser werden kann. Es geht darum, das Richtige aus dem richtigen Grund zu tun. Aber das funktioniert nur, wenn wir die Angst besiegen, die Angst, die Menschen daran hindert, das zu tun, was sie tun möchten. Sie sind so ängstlich, daß sie sich hinter einer prätentiösen Wichtigtuerhaltung verstecken. Sie denken, Titel ersetzen Fähigkeiten, Stunden ersetzen Enthusiasmus. Dabei ist es nicht entscheidend, wie lange ein Practitioner-Kurs dauert, sondern wie sehr der Trainer den Funken der Begeisterung zu entzünden vermag, wieviel Information und Fähigkeiten er vermitteln kann. In meiner Arbeit geht es darum, daß Menschen weiterkommen, nicht um besser als andere zu sein, sondern besser, als sie am Tag zuvor gewesen sind.
Viele Leute - vor allem in Deutschland - möchten NLP stärker theoretisch verankert wissen. Wie stehen Sie dazu?
Richard Bandler: Mir kommt es komisch vor, wenn Menschen soviel Energie investieren, Theorien zu verteidigen. Ich habe das nie getan. Und deshalb bin ich auch so schnell so weit gekommen. Wären die Psychologen aufmerksamer gewesen, hätten sie die Augenbewegungsmuster auch bemerken können. Ich habe sie entdeckt, weil mir keine Theorie den Blick getrübt hat. Alles, was mich interessiert hat, war ein Weg, um möglichst schnell zum Ziel zu kommen. Mir war egal, wie man das nannte: ob Psychotherapie, Religion oder Geistheilen. Meiner Ansicht nach geht es darum, die Dinge mit der richtigen Einstellung zu machen. Und die richtige Einstellung ist, einen guten Sinn für Humor zu haben. Auch wenn Menschen manchmal tragische Geschichten erzählen, so muß man doch den Teil erkennen, der Unsinn ist. Ich bin sehr gut darin, Unsinn auszumerzen und stattdessen zum wirklich reinen Unsinn vorzustoßen.
Also NLP als ultimative Homöopathie, die Gleiches mit Gleichem - Unsinn mit Unsinn - kuriert?
Richard Bandler: Da kommt zum Beispiel ein Opernsänger zu mir, um mir von seinem Mangel an Sicherheit zu erzählen. Er ist aber absolut sicher, daß ich ihm helfen kann. Solche Widersprüche höre ich immer wieder: Jemand erzählt mir, daß er nicht nein sagen kann - und, wenn ich das höre, höre ich die Lösung. Denn in dem Moment, in dem jemand sagt, daß er nicht nein sagen kann, sagt er nein. Da soll mir jemand sagen, das sei kein Unsinn.
Nun, ich habe auch tragische Geschichten gehört. Ich habe mit Holocaust-Opfern gearbeitet, und es bricht mir das Herz, weil auch meine Verwandten dort umgekommen sind. Aber es gibt keinen Grund auf der Erde, daß diese Leute das wieder und wieder erleben müssen. Ich glaube nicht, daß man ein Trauma erneut erleben muß, um sein Leben auf die Reihe zu bekommen. Es ist genau das Wiedererleben dieser Ereignisse, das die Menschen daran hindert, vorwärts zu gehen.
Immer suchen die Menschen nach Lösungen, die einer Theorie entsprechen, was richtig und was falsch ist. Wir haben es jahrelang mit Einsichttherapien versucht. Es ist eine schöne Idee, daß dein Problem verschwindet, wenn du es verstehst. Viele Probleme in dieser Welt verstehe ich, und sie verschwinden trotzdem nicht. Du kannst deine finanziellen Probleme verstehen, und das hilft dir kein bißchen, oder? Du mußt trotzdem rausgehen und mehr Geld verdienen.
Ich hatte einen Klienten, der behauptete, daß er sich unter keinen Umständen von jemandem berühren lassen wolle, und das war nicht zuletzt deshalb ein Problem für ihn, weil er verheiratet war. Also verab-...
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Richard Bandler
Der Mathematiker Richard Bandler hat zusammen mit dem Linguisten John Grinder und einer Reihe anderer Leute in den siebziger Jahren das Lern- und Kommunikationsmodell NLP entwickelt. Als die treibende, kreative Kraft hat er nicht nur den Namen Neuro-Linguistisches Programmieren erfunden, sondern auch eine Vielzahl der erfolgreichsten Techniken und Modelle, die heute weltweit gelehrt werden. Mittlerweile streiten sich etliche Leute in Amerika und Europa vor Gericht darüber, wer inwieweit berechtigt ist, den Namen NLP zu benutzen und die Methode zu unterrichten. Der Ausgang dieser Prozesse ist noch offen.
Wie dem auch sei, Bandler gilt nach wie vor als innovativer, vielseitiger Forscher und Trainer. In den vergangenen Jahren hat er das NLP ständig weiterentwickelt und mit dem "Design Human Engineering" eine Methode erfunden, um unter anderem Trancephänome auf einfache Art alltagstauglich zu machen. Zudem hat er Schamanen modelliert, um deren Arbeitsweisen in einer modernen, allgemein verständlichen Terminologie interessierten Menschen beizubringen.
Viele namhafte NLP-Trainer sind von Bandler ausgebildet worden, und seine Kurse gelten nicht zuletzt wegen seiner unkonventionellen Unterrichtsmethoden als Erlebnis. Mit einer Mischung aus Lerntrancen, Demonstrationen und Geschichten, die Informationen emotional verankern, hat Richard Bandler zur Entwicklung von Kurzzeittrainings beigetragen.
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...redete ich mich mit ihm in einem Hotel in Houston. Als er mich in meinem Zimmer im zwanzigsten Stockwerk aufsuchte, führte ich ihn auf den Balkon. Dort packte ich ihn, hielt ihn drohend über den Abgrund und fragte: "Nun, möchten Sie, daß ich Sie loslasse?" Und er klammerte sich an mir fest, schlang seine Arme um mich und ließ mich nicht mehr los. "Nun, da dieses Problem gelöst wäre, was möchten Sie sonst noch verändern?"
Wenn Leute mir ihre Probleme schildern, beginnen sie selbst zu hören, wieviel Unsinn sie erzählen, denn ich sage nicht: "Oooh, wie schrecklich." Ich schaue sie nur an: "Wie bitte?" und stelle ihnen Fragen. Wann-Fragen sind dabei sehr wichtig, denn diese ordnen Verhalten einem Kontext zu.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft von NLP?
Richard Bandler: In den vergangenen paar Jahren hat sich fast alles geändert. Ich mache nicht mehr das gleiche, was ich früher getan habe. Ich habe inzwischen schnellere, bessere, effizientere Methoden gefunden. Ich kann kaum verstehen, daß man in NLP-Kursen immer noch die gleichen alten Techniken unterrichtet, wie das Six-Step-Reframing. Als wir diese Technik damals entwickelt haben, hatten wir gute Gründe. Damals war es verpönt, Hypnose zu benutzen, das Six-Step-Reframing ermöglichte es uns, das Wort Hypnose zu vermeiden. Das ist heute nicht mehr nötig. Ich denke nicht, daß es auch nur einen Teil des menschlichen Geistes gibt, den man unberührt lassen kann. Die Menschen müssen gleichzeitig ihre Fähigkeit zu lieben und ihre Fähigkeit zu denken entwickeln. Man kann sich nicht mit dem einen begnügen. Wenn sich ein Mensch beispielsweise nur darum bemüht, ein großartiger Musiker zu werden und nicht auch ein großartiger Mensch, dann hat er nichts zu besingen.
Ronnie Amsler ist NLP-Mastertrainer der Society of NLP und Lehrtrainer des DVNLP. Er leitet seit 1992 das NLP Institut Zürich.
* Das vollständige Gespräch kann in englischer Sprache auf der Website www.nlp-institut.ch nachgelesen werden.
Quelle: managerSeminare 09/99, S. 85-87.