Pressespiegel
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Gesprächstechnik NLP: Manipulation oder harmlose Psycho-Methode?
Das richtige Wort zum passenden Zeitpunkt
Modernes Kommunikationstraining setzt bei der eigene Psyche an - Neurolinguistisches Programmieren (NLP) im Trend
Von unserem Redaktionsmitglied Dagmar Schindler
Am Arbeitsplatz durch selbstsicheres Auftreten gegenüber dem Chef oder den
Kollegen rasant die Karriereleiter emporstürmen und zugleich ein harmonisches Privatleben
führen - Erfolg zu haben, so wollen uns Buchautoren und Weiterbildungslehrer klar machen, gelingt heutzutage nur mit perfekter Kommunikation.
An jedem Wochenende stehen in den mehr als 500 Instituten, die sich in Deutschland mit Kommunikation und Management beschäftigen, Tausende vor der Videokamera, agieren in Rollenspielen, diskutieren, verhandeln und werden von ihren Trainern unter die Lupe genommen. "Von der klassischen Rhetorik, der Kunst der Rede, entfernt sich modernes Kommunikationstraining immer mehr", erklärt Raimund Gebhardt vom Kurpfalz-Mangagement in Frankenthal.
"Wollen sie mehr Sicherheit im Kontakt mit anderen erlangen? Wollen Sie neue Leute kennenlernen? Wie reagiert man am besten auf Kritik? Wie können sie ihren Chef von ihren Fähigkeiten überzeugen?" Antworten auf diese Fragen suchen auch die Volkshochschulen. Der Buchmarkt stellt für die kaum zu stillende Nachfrage in diesem Bereich die passenden Titel zur Verfügung: Daß "Power-Talking" garantiert zum Erfolg führt, verspricht George Walther den Lesern seines Buchs. "Sag, was du meinst, und Du bekommst, was du willst". Daß gut gesagt auch halb gewonnen ist, meint auch Susan Roane, die beim Weltbild Verlag über ihre berühmten Rhetorikschüler Sean Connery und Dustin Hoffman plaudert.
Falsche Signale an der Basis
Kommunikation wird mehr und mehr zum Schlüsselbegriff des modernen Lebens. Niemals zuvor waren Menschen durch den technischen Fortschritt in der Lage, Informationen in solcher Geschwindigkeit einander mitzuteilen. Doch an der Basis, bei der unmittelbaren Form von Kommunikation, dem Gespräch von Mensch zu Mensch, scheint es bei der Kommunikationsübermittlung häufig zu falschen Signalen zu kommen. Die Entwickler neuer Trainingskonzepte meinen zu wissen, warum. "Zuerst muß ich mit mir selbst im reinen sein, bevor ich mich unterhalten kann", sagt Raimund Gebhardt. Eine Methode, mit der Hobby-Psychologen und einige Therapeuten seit 1990 Seelenmüll abkippen wollen, um mit dem Gegenüber zum Konsens zu kommen, ist das Neurolinguistische Programmieren (NLP). Keine Psycho-Methode ist in den letzten Jahren so gepriesen und gleichzeitig so verdammt worden.
Von manchen NLP-Ausbildern wird behauptet, ihre Methode könne die ganze Menschheit verbessern. So meint einer der Hauptvertreter, Robert Dilts: "Wenn die Zahl der NLPler zunimmt, werden wir noch zu Lebzeiten Wunder bestaunen können, die ebenso großartig sind wie die Landung auf dem Mond und die Ausrottung der Pocken." Für andere, hauptsächlich Wissenschaftler der klassischen Psychologie, ist NLP nur ein Mix verschiedener psychologischer Techniken, mit deren Wirksamkeit versucht wird, möglichst schnell zu Geld zu kommen. Und das mit Erfolg.
Sich den Experten nicht ausliefern.
Nicht nur diejenigen, die sich mit Menschenführung beschäftigen, wie Therapeuten, Manager, Pädagogen und Seelsorger, haben sich schon mit dem angeblichen Wundermittel für alle Lebenslagen beschäftigt. Auch immer mehr Freizeitpsychologen entdecken Tricks wie "Pacing", "Leading", und "Ankern" für sich selbst. NLP-Experte Bertold Ulsamer, Unternehmensberater in Freiburg, rät sogar, NLP-Techniken schon deshalb zu erlernen, um den Experten auf diesem Gebiet nicht auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein. Kritisiert wird von Skeptikern, daß der Gesprächspartner durch NLP manipuliert werden könnte. Deshalb wird der Einsatz in der Pädagogik von Experten ungern gesehen.
Will man genau wissen, was mit NLP gemeint ist, tun sich viele Ausbilder recht schwer, eine verständliche Beschreibung zu geben. Grob zusammengefaßt untersucht NLP die Zusammenhänge zwischen Körper, Sprache und Denkprogrammen. "Es vermittelt die Kunst, seine Mitmenschen zu verstehen, sowie die Kunst, bei sich selbst und anderen positive Veränderungen in Gang zu setzen", definiert Bertold Ulsamer den Begriff.
Die NLP-Szene ist allein im deutschsprachigen Raum so komplex, daß selbst der Dachverband aller NLP-Ausübenden, der DVNLP (früher "German Association of NLP") nicht in der Lage ist, sie zu durchschauen. Von den unterschiedlichsten Instituten werden NLP-Kurse, Workshops oder Beratungen angeboten. Seit zwei Jahren bietet das NLP-Forum Mannheim einen Einblick in die verschiedenen Methoden des NLP. "Unsere Kunden wollen besser mit sich selbst umgehen lernen, um dann im beruflichen Bereich mit anderen besser zu kommunizieren", so die Leiterin des Forums, Petra Müller aus Schifferstadt. Viele hätten Schwierigkeiten, Nein zu sagen und etwas abzulehnen. "Dieses schlechte Gewissen bauen wir ab, indem wir die Denkstrukturen oder Programme verändern, die diesem Verhalten zugrunde liegen", so die NLP-Lehrtrainerin. Hilfen biete NLP auch, wenn Menschen das Gefühl hätten, von einer Katastrophe in die andere zu schlittern. "Ziel ist es, das innere Weltbild positiv zu verändern, um neue Einsichten zu erlangen."
Fast 100 Kunden vom Abteilungsleiter bis zur Krankenschwester haben beim NLP-Forum bereits den Titel "NLP-Practitioner" (NLP-Praktiker) abgelegt und dafür rund 3000 Mark bezahlt. "NLP-Lehrtrainer" darf sich nach den Richtlinien des Dachverbands DVNLP nur dann jemand nennen, der nach der Ausbildung zum "Master-Practitioner" drei Jahre NLP praktiziert hat. Daran müssen sich jedoch nur die 260 Lehrtrainer, die dem Dachverband angehören, halten. Da eigentlich jeder ein NLP-Institut aufmachen kann, vergibt der DVNLP ein Gütesiegel, um die Qualität der Ausbildung zu sichern.
Denkmuster durchbrechen
Warum die neue Kommunkationsmethode so erfolgreich ist, liegt nach Meinung von Dr. Veronika Strittmatter-Haubold daran, daß fest eingefahrene Verhaltens- und Denkmuster durchbrochen werden. "Erreicht jemand eine andere Perspektive, wird es ihm möglich, die Standpunkte des Gesprächspartners besser zu verstehen", erläutert die Geschäftsführerin der Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Ein wichtiges Instrument sei auch die Orientierung auf ein konkretes Ziel hin. "Führungskräfte, die nur damit beschäftigt sind, Fehler abzustellen und Probleme auszubügeln, verlieren die Vision aus den Augen." Motto: Über Probleme nicht ärgern, sondern lieber etwas anpacken, das einem weiterhilft. Im NLP-Jargon ausgedrückt: "Aus deinem blockierten Zustand in den Zustand der eigenen Ressourcen gelangen".
Was viele Kritiker auf den Plan gerufen hat, aber die meisten Anwender fasziniert, ist die Technik, wie zum Gegenüber ein guter Draht aufgebaut wird. Für Verkäufer gehört deshalb NLP-Repertoire zum A und O. Um Kontakt aufzubauen, gilt es zunächst sich in Körperbewegung, Stimme und Atemrhythmus dem Gesprächspartner anzupassen. Diese Strategie wird als "pacing" bezeichnet, was soviel bedeutet wie "im gleichen Schritt gehen". Um den Gesprächspartner zu überzeugen, muß er geführt werden. Dabei wird die Körperhaltung leicht verändert, indem die Beine übereinandergeschlagen werden oder der Atemrhythmus verändert wird. Ist die Beziehung zum Gesprächspartner stimmig, wird das Gegenüber folgen, meinen NLP-Experten. "Damit habe ich Vertrauen gewonnen und der Partner spielt nach meinen Spielregeln", so Strittmatter-Haubold. "Damit ist es sogar möglich, jemanden den teuersten Jaguar aufzuschwatzen."
NLP IN KÜRZE
Positiv denken
Neurolinguistisches Programmieren (NLP) untersucht die Zusammenhänge zwischen Körper, Sprache und Denkprogrammen. NLP-Trainer behaupten, daß es dadurch möglich ist, die Leistung im Bereich der Führung und Kommunikation entscheidend zu steigern. Dabei wird an der Psyche angesetzt und versucht, hinderliche Denkprogramme positiv zu verändern (Reframing). Beispiel: Perfektionisten sollen lernen, sich auch einen Fehler eingestehn. Unter Einbeziehung aller Sinneskanäle und des Körpers sollen negative Gefühle in positive umgewandelt werden. Die positive Einstellung zum Kollegen oder Gesprächspartner ist laut NLP die Basis für eine gute Kommunikation. Im NLP werden viele Element aus der Verhaltenstherapie und der Hypnose angwandt.
In den USA entstanden
NLP wurde in den 70er Jahren in den USA von dem Gestaltpsychologen Richard Bandler und dem Linguisten und Sprachforscher John Grinder ins Leben gerufen. Sie wollten wissen, wie Spitzenkönner der Kommunikation auf andere Menschen eigehen, wie sie es schaffen, andere zu überzeugen. Dazu analysierten sie die drei angesehenen amerikanischen Therapeuten Fritz Perls, Virginia Satir und Milton Erickson. Die einzelnen Elemente ihres Erfolgs, wie ihr Verhalten und ihre Bewegungen, faßten Bandler und Grinder im NLP zusammen. Sie entwickelten auch eine NLP-spezifische Sprache. Vor etwa fünf Jahren etablierte sich die NLP-Szene in Deutschland.
Ankern, Pacing und Leading
"Ankern" bedeutet die Verknüpfung von einem Gefühl mit einem Bild, Ton oder einer Berührung. Dabei werden der Reiz und die Reaktion, ähnlich wie bei der klassischen Konditionierung, miteinander gekoppelt. Das heißt, ein bestimmtes Gefühl kommt automatisch hoch, wenn zum Beispiel eine bestimmte Körperstelle berührt wird (Schulterkloipfen). Beim Pacing (Spiegeln) wird während einer Unterhaltung dieselbe Körperhaltung eingenommen wie das Gegenüber, um einen guten Draht aufzubauen. Um den anderen zu überzeugen, wird die Körperhaltung leicht verändert (Leading/führen). Folgt der Gesprächspartner, ist das laut NLP die Basis für eine erfolgreiche Verhandlung. Verkäufer setzen diese Technik gern ein. (led)
Quelle: Rheinpfalz Nr. 21 vom 25.01.97.