Pressespiegel
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Der Rollenwechsel funktioniert nicht
Von Martina Salomon
Bei Politikerinterviews lässt man besser ausschließlich Profis ran.
Im Sommer wollen die Österreicher nicht mit politischen Alltagsquerelen behelligt werden. Das ist dann die Zeit, in der gestandene Journalisten gemeinsam mit einfachen Bürgern, braven Sportlern oder kritischen Künstlern zu Interviews anrücken. Nett, funktioniert nur nie. Monica Weinzettl, die bei den ORF-Sommergesprächen Heinz-Christian Strache in der pompösen Kulisse von St. Margareten gegenübersaß (immerhin diesmal ohne Regen und Glockengeläute), ist möglicherweise eine gute Kabarettistin, aber sicher keine Interviewerin. Das ist kein Vorwurf. Journalisten sind umgekehrt ja auch nur in Ausnahmefällen als Kabarettisten tauglich. Es war mutig, sich der Aufgabe zu stellen (andere Promis haben sich gegen Strache nicht getraut), es hat nur – wie bei ihren Künstlerkollegen – nicht funktioniert.
Es ist schon für professionelle Journalisten schwierig genug, einem mannigfach gecoachten, NLP-programmierten Kampfredner gegenüberzusitzen. Aber da herrscht zumindest theoretisch Waffengleichheit. Bei Künstlern ist die Gefahr groß, dass sie Koreferate halten oder in der Konfrontation schlicht „baden“ gehen. „Einfache“ Bürger wiederum, auch das sah man schon im ORF, pflegen in Ehrfurcht zu erstarren und nichts mehr Gescheites rauszubringen, sobald „Großkopferte“ vor ihnen sitzen.
Bleibt leider nur: geradlinige, "normale" Interviews, von Profis geführt. Oder kein Gesprächsreigen mit Spitzenpolitikern im Hochsommer. Auch kein Fehler.
Quelle: Die Presse, 26. August 2009.