Pressespiegel
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Heftiger Streit um Psychotherapie
Von Michael Simoner
Proteste gegen neu zugelassene Methode, da die Neurolinguistische Psychotherapie (NLPt) die Ausbildung und Seriosität gefährde
Wien - Der Psychotherapiebeirat im Bundeskanzleramt, das wichtigste Fachgremium des Landes in dieser Disziplin, hat seinen Ausschuss bis auf Weiteres ruhend gestellt. Grund: Die Zulassung des umstrittenen Österreichischen Trainingszentrums für Neurolinguistische Psychotherapie (NLPt) als Ausbildungseinrichtung für das Fachspezifikum. Der Beirat sieht dadurch Ausbildung und Seriosität der Psychotherapie gefährdet.
Völlig überraschende Zulassung
Als eine ihrer letzten Amtshandlungen als Gesundheitsministerin hat Maria Rauch- Kallat Mitte Jänner völlig überraschend die Zulassung der NLPt (siehe Wissen) per Bescheid abgesegnet. Und das, obwohl zuvor jahrelang in allen Gutachten immer wieder davor gewarnt worden war. Doch kurz vor ihrem Abgang als Ministerin setzte sich Rauch-Kallat über alle Expertisen hinweg. Warum, ist dem Beirat ein Rätsel. In einer Resolution wird Rauch-Kallats Nachfolgerin Andrea Kdolsky dringend ersucht, die Zulassung "bis zur Klärung aller Fragen auszusetzen".
Fehlendes Behandlungskonzept
Auch Margret Aull, die Präsidentin des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie (ÖBVP), hält das politische Übergehen des Fachbeirates für unverständlich. Sie hat die prinzipielle Sorge, dass die im heimischen Psychotherapiegesetz festgeschriebene Methodenvielfalt unterlaufen werden könnte. "Hier geht es nicht etwa darum, dass Konkurrenten nicht ins Boot gelassen werden sollen", betont Aull, es würden immer wieder neue Methoden geprüft und zugelassen. Im Sinne eines liberalen Gesetzes müsse aber "Qualität mit Qualität verteidigt" werden. "Psychotherapie muss ein Behandlungskonzept haben und darf nicht nur Techniken aneinanderreihen", so Aull.
Wissen NLP
Neurolinguistisches Programmieren (NLP) ist in den 70er-Jahren in Kalifornien als psychologische Richtung entstanden. In der offenen Methode werden Ansätze von Gesprächs-, Verhaltens-, Hypno- und körperorientierter Psychologie gemixt.
Weltweit vermarktet sich NLP als private akademische Bildungs- und Kommunikationseinrichtung. Auch in Österreich sind viele Politiker und Manager durch die NLP-Schule des Sprechens gegangen.
Kritiker bezeichnen NLP als Pseudowissenschaft, da die Lehre keine präzisen Aussagen treffe und deshalb weder veri- noch falsifiziert werden könne.
Aus dem NLP entstand die Neurolinguistische Psychotherapie (NLPt). Nach Angaben des österreichischen NLPt-Trainingszentrums handelt es sich dabei um eine "systemisch-imaginative Psychotherapiemethode mit integrativ-kognitivem Ansatz".
Kritiker bemängeln dagegen, dass die NLPt ihre Patienten nicht behandle (im Sinne von begreifbar machen) sondern manipuliere.
Quelle: DER STANDARD, 26. Juli 2007 (print: 11.04.2007).