Autor | Thema: Kritik des Meta-Modells |
Claus David |
Beitrag vom 26-12-99 22:44
Das Meta-Modell der Sprache ist einer der Grundbausteine des NLP. Daher nimmt es die Berechtigung, das "L" im Namen zu führen.
Das Meta-Modell gibt eine Landkarte der "Wohlgeformtheit" oder eher "Verletztheit" von linguistischen Aussagen, also Sätzen. Der Satz ist eine Oberfläche, entstanden aus einer tieferen Struktur, durch Generalisierung, Verzerrung und Tilgung verändert. Durch gezieltes Nachfragen der "Verletztheiten" kann ein Zugang zu den tieferen Aussagen gefunden werden und die "linguistische Gesundheit" wiederhergestellt werden.
Das Meta-Modell beruht auf oder ist eine pragmatische Weiterentwicklung der Transformationsgrammatik Chomskys.
In diesem Modell ist die Vorannahme enthalten, dass es in der Tiefe eine wörtliche Bedeutung der Aussagen gibt, eine Aussage, die man wie einen Algorithmus "programmieren" könnte.
Die Protagonisten der Cognitive Linguistic, die Professoren Lakoff und Johnson, hingegen, sehen es als erwiesen an, dass ein Grundphänomen unserer Sprache die Metaphorisierung und das damit verbundene "Conceptual blending" ist und es nur auf einem Basis-Level wörtliche Bedeutung gibt.
Um sprachliche Aussagen wirklich zu verstehen und zu utilisieren, bräuchte NLP imo ein Metapher-Modell, basierend auf Lakoff und Johnson. Das Meta-Modell allein ist so leblos, wie der NLP-Practitioner, nachdem sie/er das Meta-Modell auswendig gelernt hat. |
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Claus David |
Beitrag vom 01-01-00 20:31
Ein abstrakter Begriff, sagen wir "Glück", ist also durch Metaphorisierung auf unseren Basis-Erfahrungen der Sinneswahrnehmung und der Bewegung subjektiv gefasst. Im Meta-Modell wäre "Glück" eine Nominalisierung und durch die Frage: "Wie wird das getan: Glück?" ent-nominalisiert. Bekommt man durch die Ent-Nominalisierung einen Zugriff darauf, was in der Tiefenstruktur "Glück" für diesen Menschen bedeutet? Ja, teilweise. Sinneswahrnehmungen, Physiologien, Sätze, die Glück bedeuten. Dieses wäre der Versuch einer Ent-Metaphorisierung. Ist das ent-metaphorisierte Glück noch das gleiche Glück? Bei der Metapher "Das Glück hat mich verlassen" kann die Ent-nominalisierung dazu führen, dass die Metapher "Glück ist eine Person, die einen verlassen kann" aufgelöst wird und festgestellt wird, dass kein Verlassen stattgefunden hat. Bei der Metapher hingegen: "Das Glück hat mir heute gelacht!" würde die Ent-nominalisierung zu einer Verarmung führen. Auch hier ist die Grund-Metapher: Glück ist eine Person." Und vielleicht ist gar keine reale Person anwesend, so dass die Ent-nominalisierung auch das Glück nehmen würde. (Würde ja niemand ent-nominalisieren als guter NLPler, es geht mir nur ums Darstellen eines Prinzips!)
Denn das Ganze ist mehr als die Summe der Teile.
Denn das Glück ist mehr als die Summe aus Sinneswahrnehmung, Physiologie und innerem Dialog. |
Claus David |
Beitrag vom 05-01-00 19:31
Lakoff und Johnson belegen, dass unsere Denk-Konzepte Metaphern auf den grundlegenden Erfahrungen der Sinneswahrnehmung und Motorik sind. Bekanntlich werden Sinneswahrnehmung und Motorik durch jeweils einen Nervenkreislauf gesteuert und es gibt außerdem noch den autonomen, der die Vorgänge der Verdauung, Atmung, Immunabwehr, Emotionen etc. reguliert. Die Metapher aktiviert den jeweiligen neurologischen Schaltkreis. Gibt es auch Metaphern, die das autonome Nervensystem aktivieren, bzw. auf ihm beruhen? Ja, natürlich. "Ich habe das gefressen!" "Ohne Schweiß kein Preis!" "Aufgeblasen sein.." Das größte Repertoire von Metaphern des autonomen Nervensystems, und besonders des Parasympathikus, bilden die anal- oder genital-orientierten Flüche: "Scheiße", "So eine Kacke!", "Verfickt".
Ein derartiger Fluch oder Ausruf aktiviert sofort den Parasympathikus auf dessen Neurologie die Metapher gebaut ist und ist deshalb angenehm entspannend.
Ja, auch der Ausruf "Scheiße", ist eine Metapher. Denn er würde ja ganz lauten: "Diese Angelegenheit ist so stinkend, schmutzig, durch parasympathische autonome Aktivität entstanden wie meine Scheiße!"
Deshalb sollte man zur Entspannung öfter mal fluchen, rein kognitiv-linguistisch oder neurobiologisch gesehen. |
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